Ecuador 2019-2022: Erneuerung der Politik von unten links

Vortrag und Diskussion mit Dr. Marco Palladines
Dienstag 15.11.2022 um 19 Uhr im Café Polenka

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Nach dem Untergang der sozialistischen Regierung um Rafael Correas, im am dichtesten bevölkerten Land Südamerikas haben neoliberale und konservative Kräfte die Macht zurückerlangt. Der Sozialismus um Correa wurde politisch verfolgt und und in seine Einzelteile zerlegt. Doch es gibt auch eine sich entwickelnde Gegenbewegung zu der amtierenden Regierung. Die ecuadorianische Politik wurde seit 2019 von zwei nationalen Streiks erschüttert. Bei den Streiks beteiligen sich sowohl indigene Gruppen vom Dachverband CONAIE, die trans-feministische Bewegung, die nationale Anti-Bergbau-Front, Nachbarschafts-, Studenten- und Arbeiterorganisationen, die eine Erneuerung der Politik von unten links anstreben.

Der Vortrag wird von Marco Paladines gehalten. Er ist Soziologe und Aktivist und hat an der TU Berlin über die zeitgenössische indigene Architektur in Bolivien promoviert. Wir feuen uns auf Euch und die gemeinsame Diskussion!

Inseln der Utopie zwischen Selbstbestimmung und Repression

Unser Motto „Inseln der Utopie- Zwischen Selbstbestimmung und Repression“ beschreibt unseren Anspruch verschiedenen kleineren und größeren Projekten in Halle und in Brasilien Raum zur Darstellung zu geben. Zentral dabei ist die Konferenz der Freundinnen und Freunde der Landlosenbewegung MST in Europa. Hier gibt es eine Unterstützungstagung vom 21.-22.03.2020. Drum herum ist ein vielfältiges Begleitprogramm für die Tagungsteilnehmenden und Interessierten aus Halle und Umgebung. Wir freuen uns euch ein vielfältiges und interessantes Begleitprogramm anbieten zu können.

Die Suche geht weiter

Was tun, wenn eine geliebte Person verschwindet?

Diese Frage hat sich auch Ulf Baumgärtner, Mitarbeiter der Informationsstelle Lateinamerika e.V., gestellt.
In Zusammenarbeit mit der Asociación Pro Búsqueda de Niñas y Niños machte er sich auf der Suche nach vermissten Kindern in El Salvador. „Die Suche geht weiter“ weiterlesen

Brasilien heute: Política, poder e sociedade

Unser zweiter Vortrag der Vortragsreihe „Staat und Demokratie in Lateinamerika“:

\\\\ „Brasilien heute: Política, poder e sociedade“ ////

Die letzten Jahre waren in Brasilien von außergewöhnlichen Ereignissen geprägt: Die Erkenntnisse aus den von WikiLeaks veröffentlichten Unterlagen erschüttern und verändern 2013 das politische System. In einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld bleiben viele der Versprechen der ehemaligen Präsidentin Rousseff unerfüllt, was schließlich 2016 ihr national und international umstrittenes Amtsenthebungsverfahren begünstigt. Die ebenfalls sehr umstrittenen Großereignisse (Fußball-WM 2014, Olympia 2016) konnten nur wenig zur Stabilisierung Brasiliens, seit 2016 unter dem neuen Präsidenten Temer, beitragen. Was gibt es also über Karneval und Umweltzerstörung hinaus aus Brasilien zu berichten? Der Vortrag zeichnet ein aktuelles Bild der brasilianischen Politik und Gesellschaft, diskutiert einzelne innen- sowie außenpolitische Fragen und versucht einen Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen.

Referent: Peter Grüttner, M.A. (Uni Halle)

Der Friedensprozess in Kolumbien

Vortrag: Der Friedensprozess in Kolumbien – Perspektiven und demokratische Entwicklung

Kolumbiens größte Guerilla-Organisation, die FARC-EP, ist dabei ihre Waffen niederzulegen. Seit dem ersten Friedensdialog von 2012 in Oslo wurde einiges getan, um den sozialen Konflikt zu beenden, der das Land seit mehr als einem halben Jahrhundert erschüttert. Zwischen der Regierung unter Präsident Santos und den Rebellenführern wird zunächst ein Friedensvertrag ausgehandelt. 2016 folgt die Volksabstimmung dazu. Das Unfassbare: die knappe Mehrheit der Kolumbianer stimmt mit „Nein“ dagegen! Bislang haben die bewaffneten Auseinandersetzungen mit den FARC zu hunderttausenden Toten und Millionen „desplazados“ (Vertriebenen) geführt – eine traurige Bilanz, die das südamerikanische Schwellenland auch international als sozialen Krisenherd auszeichnet.
In dem Vortrag geht es nicht nur darum, die Geschichte des Konfliktes nachzuzeichnen sondern es soll auch diskutiert werden, ob der bisherige Friedensvertrag tatsächlich einen „nachhaltigen Frieden“ für die kolumbianische Bevölkerung bedeutet.

Referent: Gordon Schmidt B.A. (Uni Halle)
Ort: Radio Corax
Uhrzeit: 19h

(Foto von: MrPenguin20)

Wer bildet wen? Bildungsprojekte und indigene Kämpfe in Ecuador

Unser letzter Vortrag in diesem Semester – Vortrag und Gespräch mit Emilia Portaluppi von der MLU Halle Wittenberg:

„Wer bildet wen? Bildungsprojekte und indigene Kämpfe in Ecuador“

Für den Kampf der indigenen Bevölkerung Ecuadors war die Schaffung eines eigenen alternativen Bildungssystems ein großer Erfolg. Im ganzen Land besuchen derzeit über 130.000 SchülerInnen aus acht verschiedenen einheimischen Sprachgruppen diesbezügliche Institutionen. Gegenüber staatlichen Versuchen kultureller Homogenisierung und bildungspolitischer Ausgrenzung indigener Bevölkerungsgruppen wurde hier ein Korrektiv geschaffen. Bilinguale interkulturelle Bildung war und ist ein Mittel dieses politischen Kampfes. Ein Kampf gegen eine weiterhin andauernde Hispanisierung, chronische Unterfinanzierung und die ökonomisch prekäre Lage großer Teile der indigenen Bevölkerung Ecuadors.
Der Vortrag spannt einen Bogen von den ersten Ideenexperimenten der Bewegung in den 1940er Jahren über deren Institutionalisierung in den 1990er Jahren und die schwierigen Auseinandersetzungen um die Autonomie der Bildungseinrichtungen in jüngster Zeit.

Wir freuen uns über alte und neue Gesichter und auf eine spannende Diskussion mit Euch!

Eine Veranstaltung der Vortragsreihe “Bildung in Lateinamerika” in Kooperation mit Bildung inklusive e.V. – Verein zur Förderung der Bildungsvielfalt

Bildung und Fernsehen in Lateinamerika: Beispiel der Telenovela

Zu Gast bei uns Prof. Dr. Joachim Michael von der Uni Bielefeld
Zusammen wollen wir folgende Fragen angehen:

Kann Fernsehen bilden?
Die Frage spitzt sich zu, wenn sie auf das Genre der Telenovela bezogen wird, die sich als kommerzielles Format und als scheinbar unendlich recycelte Formel darstellt. Inwieweit also kann die Telenovela qualifizierende Kenntnisse und Kompetenzen vermitteln?

In Bezug auf die brasilianischen Telenovelas soll untersucht werden, inwieweit das Genre den Zuschauern Inhalte vermittelt, die nicht vollständig im Unterhaltungsformat des seriellen Melodramas aufgehen. Zu denken wäre in erster Linie an Themen aus Gegenwart und Vergangenheit des Landes, die nicht selten den Wissenshorizont erweitern und gesellschaftliche Debatten anstoßen oder verstärken sollen.

Darüber hinaus gilt es jedoch, den grundsätzlichen Bezug der Gattung zur Bildung zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund ist das Paradox der audiovisuellen Alphabetisierung zu erörtern. Gemeint ist, dass zwar die Alphabetisierungsrate in den meisten lateinamerikanischen Ländern sehr hoch (über 90%) ist, aber trotzdem wenig gelesen wird, und dass in die Lücke, die die Abwesenheit des Buches schlägt, das Fernsehen springt.

Dieses Verhältnis zwischen Buch und Fernsehen wollen wir am Beispiel der Telenovela zu diskutieren. Dabei wird es auch um die Frage gehen, ob und inwieweit die Telenovelaschau in einer dominant audiovisuellen Kultur nicht auch an sich Kenntnisse und Kompetenzen generiert, die im weiteren Sinne als Bildung angesehen werden könnten oder müssten.

…eine Veranstaltung der Vortragsreihe „Bildung in Lateinamerika“ des solidaridad e.V. in Kooperation mit Bildung inklusive

Ressourcenpolitik und innerstaatliche Konflikte in Bolivien und Venezuela

Ressourcenpolitik und innerstaatliche Konflikte in Bolivien und Venezuela
/// Vortrag und Gespräch mit Annegret Kuhn (GIGA Institut Hamburg) ///

Wie zahlreiche Beispiele weltweit gezeigt haben, kann die Förderung natürlicher Ressourcen zu gravierenden innerstaatlichen Konflikten führen. Auch in den ressourcen“reichen“ Ländern Bolivien und Venezuela lassen sich soziale und politische Konflikte verzeichnen, die zumindest teilweise auf die nationalen Ressourcenpolitiken zurückzuführen sind. Der Vortrag wird einen Überblick über den staatlichen Umgang mit den natürlichen Ressourcen in den beiden Ländern geben und dabei vergleichbare Entwicklungen ebenso wie zentrale Unterschiede veranschaulichen.

Die Referentin Annegret Kuhn ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am GIGA Institut in Hamburg und forscht dort zu Ressourcenreichtum und innerstaatlichen Konflikten. Sie hat zum Thema Konfliktdynamiken in Erdölstaaten promoviert, wobei ihr Schwerpunkt auf den Andenländern Venezuela und Bolivien liegt.

680km toter Fluss – Dammbruch der Bergbaudeponie bei Mariana in Brasilien

680km toter Fluss – Dammbruch der Bergbaudeponie bei Mariana in Brasilien
/// Vortrag und Gespräch mit Christian Russau (GegenStrömung, Berlin) ///

Es ist das folgenschwerste Bergwerksunglück aller Zeiten: Die toxischen 62 Mio. Tonnen Schlammassen der Deponiehalden waren nach dem Dammbruch durch die Flüsse Gualaxo do Norte und Rio do Carmo in den Fluss Rio Doce gerauscht, durchquerten und verseuchten diesen auf 680 km Länge, bevor sich die Schlammblase aus Eisen, Aluminium, Chrom, Zink sowie weiteren Schwermetallen in der Mündung des Rio Doce im Atlantik breitmachte. Die Schlammblase wächst dort jeden Tag um 250 km2. Die am Fluss befragten Kleinfischer, Anwohner, die vom Trinkwasser des Flusses abhängig sind, sowie die am Fluss lebenden indigenen Gemeinden beschweren sich über katastrophales Krisenmanagement, unzureichende Aufklärung über die Wasserqualität, einige berichten von regelrechten Kämpfen der Bewohner um das wenige gelieferte Trinkwasser in Flaschen. Noch Monate nach dem Dammbruch beklagen sich die Anwohner, die Behörden und die verantwortlichen Firmen (Samarco, Vale, BHP Billiton) – so die Anwohner – würden sie nicht angemessen informieren, bis heute herrsche weder Klarheit über den Zustand des Wassers, noch sei den Fischern klar, wann und wo sie Fischen dürften.

Christian Russau ist Journalist und Autor und ist im März den Rio Doce von der Mündung im Bundesstaat Espírito Santo bis zum Ort des Dammbruchs im Bundesstaat Minas Gerais entlang gereist und wird uns berichten, wie die Situation derzeit aussieht. Und er wird auch über die deutschen Verwicklungen reden, welche Firmen welche Rolle bei dem Ganzen spielen.

Kohleimporte aus Kolumbien und die Verantwortung deutscher Energieversorger

Kohleimporte aus Kolumbien und die Verantwortung deutscher Energieversorger
/// Vortrag und Gespräch mit Sebastian Rötters (Urgewald, Berlin) ///

Der Steinkohlebergbau in Deutschland endet am 31.12.2017. Doch noch immer werden in Deutschland jedes Jahr über 50 Millionen Tonnen Steinkohle verbrannt – das meiste davon für die Stromproduktion. Aber woher kommt die Kohle heutzutage und unter welchen Bedingungen wird sie abgebaut? Am Beispiel Kolumbien soll dargestellt werden, welche Konsequenzen unser Kohlehunger in Deutschland hat. In der Abbauregion Cesar ermordeten Paramilitärs mehr als 3.000 Menschen und vertrieben über 55.000 Menschen. Die Kohlekonzerne Drummond und Prodeco/Glencore stehen mit am Pranger. Haben sie tatsächlich über Jahre Paramilitärs bezahlt und die Gewalt billigend in Kauf genommen? In der Region La Guajira kämpfen Indigene für ihre Rechte und gegen den Konzern Cerrejón. Der Kohlebergbau bedroht die Wasserressourcen ganzer Regionen. Doch wie reagieren Bundesregierung und deutsche Stromversorger auf die anhaltende Kritik an den Abbaubedingungen? Welche Maßnahmen werden ergriffen, um schwere Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Lieferkette zu verhindern?

Sebastian Rötters, der als Kampaigner zum Thema Kohle bei urgewald in Berlin arbeitet, wird in Halle den internationalen Kohlehandel beleuchten, über das Beispiel Kolumbien berichten und den Zusammenhang zur Energiewende hierzulande darstellen. Er kennt Kolumbien seit gut 18 Jahren und hat dort für die Menschenrechtsorganisation Peace Brigades International gearbeitet. Durch diese Tätigkeit wurde ihm ein sehr umfassender Einblick in den kolumbianischen Bürgerkrieg gewährt. Seit 2009 beschäftigt er sich mit dem Thema Kohleimporte und die Verantwortung deutscher Energieversorger.